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Ballaststoffe als Appetitzügler?

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Acetate – ein Abbauprodukt von Ballaststoffen im Darm – sollen als natürliche Appetitzügler wirken – auch ohne Diät. Das jedenfalls legt eine Studie nahe, die in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ publiziert wurde.

Ballaststoffe gelten als gesund und dämpfen den Hunger. Aber warum tun sie das? Diese Frage hat nun ein internationales Forscherteam untersucht.

Demnach sollen Acetate, die im Darm aus Pflanzenfasern entstehen, der entscheidende Appetitzügler sein. Verabreichten die Forscher Mäusen diesen Stoff pur, fraßen die Tiere weniger und nahmen ab – ganz ohne Ballaststoffe. Sollte dieser Effekt auch beim Menschen so funktionieren, könnte dieser Stoff künftig Übergewichtigen beim Abnehmen helfen, schreiben die Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“.

Unser Stoffwechsel ist eigentlich nicht eingerichtet für die ständige Zufuhr von energiereicher und ballaststoffarmer Nahrung. Denn unsere Vorfahren aßen noch hauptsächlich faserreiche Pflanzenkost. Die steinzeitliche Nahrung enthielt Schätzungen zufolge mehr als 100 Gramm Ballaststoffe täglich, die heutige Aufnahme in westlichen Ländern liegt hingegen nur zwischen 10 und 20 Gramm pro Tag.

Weniger Hunger nach Zufuhr von Ballaststoffen

Die schwerer verdaulichen Kohlenhydrat-Fasern werden im Darm von gewissen Mikroorganismen aufgeschlossen und fermentiert. Dadurch wird der Stoffwechsel günstig beeinflusst beeinflusst, wie Studien gezeigt haben:

Ballaststoffreiche Ernährung reduziert den Appetit und hilft so, abzunehmen.

Unklar war bisher, wodurch dieser Effekt zustande kommt. Aus Experimenten mit Mäusen und Ratten gab es zwar Hinweise darauf, dass die Verdauung dieser Fasern im Darm appetitzügelnde Botenstoffe freisetzt. Beim Menschen konnte ein solcher Effekt jedoch nicht nachgewiesen werden.

Das Forschungsteam um Garry Frost hatten jedoch einen anderen Mechanismus im Verdacht und konzentrierten sich in seiner Studie auf kurzkettige Fettsäure-Acetate. Diese chemischen Verbindungen entstehen in großer Menge im Darm, wenn Ballaststoffe von Darmmikroorganismen fermentiert werden. Um herauszufinden, ob die Acetate der entscheidende Appetithemmer sind, injizierten die Wissenschaftler Mäusen eine Acetat-Lösung direkt in den Darm oder in den Blutkreislauf. Danach beobachteten sie, wie viel die Mäuse anschliessend fraßen.

Acetat wirkt als Appetitzügler

Das Resultat: Hatten die Mäuse eine Acetat-Injektion bekommen, war ihr Appetit mehrere Stunden lang reduziert. Das sonstige Verhalten der Tiere und auch ihr Zuckerstoffwechsel veränderten sich jedoch nicht, wie die Wissenschaftler feststellten. Detailliertere Untersuchungen des Hirnstoffwechsels gaben auch Hinweise darauf, auf welche Art die Acetate den Appetit beeinflussen. Dabei zeigte sich, dass diese Abbauprodukte fermentierter Ballaststoffe über den Blutkreislauf bis ins Gehirn gelangen. Dort reichern sie sich hauptsächlich im Hypothalamus an – einem für die Steuerung des Stoffwechsels und des Hungergefühls wichtigen Zentrum.

Das sei das erste Mal, dass eine solche bevorzugte Aufnahme von Acetat in den Hypothalamus nachgewiesen wurde, erklären die Wissenschaftler. Als Folge dieser Acetat-Aufnahme stieg kurz darauf der Gehalt eines appetithemmenden Neuropeptids um das Vierfache an, während andere Botenstoffe deaktiviert wurden. Diese Daten zeigen nach Ansicht der Forscher, dass es einen zuvor unbekannten Mechanismus gibt, durch den die Fermentation von Ballaststoffen das Körpergewicht beeinflusst.

Helfen Ballaststoffe gegen Übergewicht?

Sollten sich diese Resultate beim Menschen bestätigen, könnte das relevant werden für die Behandlung von Übergewicht. Denn bereits die Gabe von Fettsäure-Acetaten allein löst offenbar einen appetitdämpfenden Effekt aus. Diese Verbindungen könnten daher möglicherweise künftig als Appetitzügler eingesetzt werden – und so die heutige, zu ballaststoffarme Ernährung ausgleichen.

Zahlreiche Studien zeigen zwar, dass ballaststoffreiche Ernährung gesünder ist, doch folgen nur wenige Menschen diesen Ratschlägen – häufig weil diese Nahrungsmittel weniger gut schmecken oder es Verdauungsprobleme gibt. Das Acetat könnte diese Probleme ausgleichen und deshalb möglicherweise als potenzielles Therapeutikum gegen Übergewicht nützlich sein.

Quelle:

http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-17507-2014-04-30.html

Nature Communications,2014; doi: 10.1038/ncomms4611

http://www.nature.com/ncomms/2014/140429/ncomms4611/full/ncomms4611.html

 

Kommentar & Ergänzung:

Da ist tatsächlich noch offen, ob diese Effekte auch beim Menschen auftreten.

Interessant sind die Ergebnisse aber schon. Bisher hörte man eher die Vorstellung, dass Ballaststoffe den Hunger dämpfen durch ihren Fülleffekt im Magen. Sollte ein spezifischer appetithemmender Effekt im Hypothalamus vorliegen, wäre das ein interessanter Ansatz.

Ob es dann allerdings schlau wäre, Acetate isoliert zu verabreichen, ist eine andere Frage. Ballaststoffe haben noch eine ganze Reihe von anderen positiven Eigenschaften für die Gesundheit. Andererseits ist es aber auch nicht sehr sinnvoll, nur immer den Leuten zu predigen, dass sie mehr Ballaststoffe essen sollen.

 

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe

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